Der Wolf auf dem Festival Mediaval

Der Geruch von verbranntem Feuerholz stieg intensiv in meine Nase, der Wind in den Blättern spielte eine leise Melodie, die Vögel riefen und Stimmen quatschten durcheinander. Ich drehte mich im Zelt um und merkte, dass etwas anders war: Nicht nur die Gerüche und Geräusche waren heute intensiver, auch der Boden fühlte sich anders an. Ich streckte meine Schnauze aus dem Zelt, schnupperte noch einmal und trat dann hinaus. Der Nebel verbarg meine Pfoten, ich konnte den frischen Tau auf dem nassen Gras spüren und kam näher an mein Rudel. Die Geräusche und Stimmen konnte ich nun verstehen, neben dem Holzgeruch kam auch der Geruch von Kaffee, Tee und leckerem Essen hinzu. Ich stibitzte mir etwas Bacon, genoss noch einige Kuschel und Krauleinheiten und machte mich dann unter lautem Jaulen mit einem Teil des Rudels auf den Weg nach oben zum Platz mit den Bühnen. Der Anstieg auf den Hügel verlief auf vier Pfoten sehr einfach, ja es machte richtig Spaß.

Oben angekommen war ich ganz irritiert von den ganzen Gerüchen, den Stimmen und beeindruckt von den Ständen. Aus der Ferne klangen ein paar interessante Töne, mit jedem Schritt den ich näher kam, wurden sie lauter und interessanter. Es waren die letzten Songs von The Moon and the Nightspirit. Ich jaulte, sprang wild umher, drehte mich, versuchte meinen Schwanz zu fangen und wirbelte zu den letzten Songs umher. Wow, was für eine tolle Band, vielleicht hätte ich doch früher den Weg aus dem Zelt und weg von den kuscheligen Menschen finden sollen? Ich lauschte den Klängen, fühlte mich frei, genoss den Geruch der Natur in der aufgewirbelten Luft und jaulte zum Abschluss nochmal für die Band, dass es über den ganzen Schloßplatz zu hören war.

Meine Pfoten trugen mich über den Sandboden, leicht tänzelnd hinüber über den Platz. Mein Fell spürte die Sonnenstrahlen, genüsslich, mit der Nase nach oben stellte ich mich vor die andere Bühne, natürlich an den Rand, da ich vor lauter großen Menschen sonst nichts hätte sehen können. Außerdem: Wer möchte schon bedrängt von Menschen werden, wenn er sich ausgelassen auf der Wiese bewegen kann? The Sandsacks traten auf die Bühne und sofort fühlte ich mich als sei ich in Irland, erinnerte mich an meinen letzten Besuch dort, die grünen Wiesen, die herrlichen Weiten und die Ruhe in der Natur. Ich sah die Berge, die Steine vor meinen Augen, konnte das frische Gras riechen und den Wind spüren, welcher durch mein Fell streichelte. Eine tolle Erinnerung, welche The Sandsacks mit ihrer Musik hervorrufen konnte! Zusammen mit meinem Rudel sprang ich im Kreis, wir liegen rechts herum, liegen in die Mitte und gingen dann zurück, um links herum im Kreis zu laufen. Mit schneller werdenden Musik wurden natürlich auch wir schneller und mussten aufpassen, dass wir nicht übereinander stolperten. Nach einigen Songs lösten wir den Rudelkreis auf und tanzten jeder für sich. Ich wirbelte umher, legte meine Pfoten um Ivy und wir zappelten im Kreis. Was ein Fest! Wippend, tanzend genossen wir die irischen Klänge, tranken dabei ein wenig und fielen am Ende als ein Wolfsknäul aufeinander, um uns auszuruhen. Was für eine tolle, harmonische Atmosphäre.

Nach ein paar Minuten erhoben wir uns wieder und ich schnupperte in der Luft, denn es roch so unheimlich anziehend in der Luft. Mit geschlossenen Augen zog es mich den Hügel hinauf zur Futtermeile. Hier vermischten sich also die wundervollen Gerüche von Fleisch, Curry, Gemüse und sonstigen Gewürzen. Selbst die Kartoffeln rochen zum Anbeißen. Langsam knurrte auch mein Magen, doch was sollte ich nur probieren? Ich stellte mich vor den Spätzlestand, wo ich tatschlich so hungrig ausgesehen haben muss, dass ich eine Portion mit Speck und Käse erhielt. Schnell aufgefuttert und die Schale ausgeleckt fühlte ich mich zugleich besser und merkte, dass mein Magen nicht mehr knurrte. Manchmal sollte ich wohl doch meiner Nase folgen und meinem Bauchgefühl nachgeben. Beim Fleischstand erhielt ich noch ein paar leckere Reste, welche die Menschen stets wegwerfen und als nicht gut genug sehen! Dabei sind doch gerade die Reste an den Knochen so wunderbar intensiv im Geschmack! Vollgefuttert suchte ich mir ein gemütliches Plätzchen vor der Schloßbühne neben dem Tonturm, legte mich auf die Grünfläche neben den Bänken, kuschelte mich ein und lauschte den Klängen von Demonia Nymphe. Die leichten Gesänge und Gitarrenlaute gaben mir ein wolliges Gefühl, mein Kopf sank auf meine Pfoten, mein Schwanz legte sich schützen um mich und meine Augen schlossen sich. Eine solch beruhigende Wohlfühlmusik tat mir gerade sehr gut, um ein Mittagsschläfchen zu nehmen.

Als ich erwachte war mein Fell von der Sonne ganz warm, die Blätter säuselten im Wind und der Boden unter mir war erwärmt. Ich sah einige Ameisen vor mir durch das Gras huschen. Mit einem Auge, sah ich wie große Seifenblasen in die Luft stiegen! Sofort setzte ich mich auf, lief zwischen den Menschen hin und her und schnappte nach diesen wunderbaren glitzernden Blasen! Wie wunderschön, ich wollte sie haben, alle! Da endlich, eine kleine auf meiner Höhe: Ich setzte zum Sprung an, schnappte die Blase und. fiel auf den Boden mit einem widerlichen Geschmack im Mund. Pfui, pfui, pfui, wie kann etwas so Wundervolles nur so ekelig schmecken? Menschen sind wirklich seltsam! Ich wandte mich dem Farbenspiel ab und richtete meine Augen auf die Bühne, denn ich konnte die Klänge nicht zuordnen. Meine Ohren hörten wunderbare Instrumente und eine so beruhigend zarte Stimme, doch vermochten sie nichts zu verstehen. Dann wurde es mir klar: es war schwedisch und finnisch! Natürlich konnte ich nichts verstehen, aber selbstverständlich genossen meine Ohren den Gesang! Denn jedes Wort hatte eine eigene Melodie, selbst wenn sie nur gesprochen wurden. Besonders angetan hat es mir der Song „Väktaren“, bei dem ich das Gefühl hatte zu schweben. Ich stelle mich auf die Hinterpfoten, drehte mich im Kreis, sprang von rechts nach links und wedelte freudig mit meinem Schwanz im Wind. Und nicht nur ich schien gute Laune zu bekommen und mich ganz von der Musik treiben lassen zu können, denn egal wohin ich schaute, die Menschen und Tiere hatten ein Lächeln auf den Lippen, teils die Augen zu und wippten zur Musik. Sie ließen sich treiben, bewegten die Füße nur zart über den Boden, wirbelten umher und waren im Einklang mit der Natur und den Klängen dieser zarten Songs. Zuvor hatte ich von der Band noch nichts gehört, doch von nun an wird Garmarna mir ein positiver Begriff sein. Eine so wundervolle Band sollte man stets in Erinnerung halten und ich hoffe, dass ich sie noch öfter live hören werde! Leise mitjaulend wirbelte ich noch wie in Trance im Kreis, taumelte etwas, bis ich mich wieder gefangen hatte und hörte, dass Fiddlers Green direkt im Anschluss auf der anderen Bühne spielten.

Meine Ohren stellten sich auf, hörten in der Ferne tatsächlich die Ansage von Fiddlers Green, neben vielen lauten Männerstimmen und mein Herz begann zu rasen: Denn irische Musik bewegt mich einfach sehr! Kurz geschüttelt, auf die Pfoten gesprungen, wollte ich loslaufen, doch das war schwieriger als gedacht, denn überall waren Füße und Menschen! So viele Menschen, welche ohne erkennbaren Grund durch die Gegend rannten, zusammen mit torkelnden Personen auf den Weg zur Taverne und wieder rum anderen, welche die Stallungen aufsuchten. Was für ein Chaos! Schlimmer als zur letzten Waldversammlung. Ich hatte das Gefühl im Bau zu sein, die Weibchen mit ihren ganzen Nachkommen auf der einen Seite, die hungrigen Jagdgenossen auf der anderen Seite und Meister Ratte, der gerade frische Beute von der Jagd mitbrachte. Natürlich liefen alle ungeordnet durcheinander und man musste aufpassen, nicht umgerannt zu werden. Zum Glück hatte ich etwas Übung im Slalomlaufen und schaffte es fast unversehrt vor die Bühne. Ok mein Fell glänzte nun von Met und Bier und etwas schwitzigen Menschengeruch hatte es wohl auch abbekommen, wodurch ich heute am Lagerfeuer sicher wieder lange mit meiner Fellpflege beschäftigt sein werde, aber zumindest waren es keine bleibenden Schäden.

Nun hieß es: Das Rudel finden und Spaß haben! Wir tanzten ausgelassen, pogten, spürten die Kieselsteine und das Gras unter den Pfoten, stupsten uns, bissen uns und genossen ausgelassen die Musik! Natürlich machte das Rudel auch bei „Rocky Road of Dublin“ mit, wir liefen kuschelig von rechts nach links, nutzen den Song um den Kontakt zu neuen Freunden zu erhalten und freuten uns unheimlich. Die große Herausforderung war hierbei jedoch unfallfrei von einer Seite zur Nächsten zu kommen, denn leider waren nicht alle Feiernden barfuß, so dass es zu dem ein oder anderem Hüpfer kam mit traurigem Jaulen dazu. Doch es war wieder ein Fest, einfach wundervoll zu sehen, dass man auf irische Weise feiern kann mit Schunkeln und Körperkontakt, ohne das es verletzte wie im Moshpit geben muss! Auch das Liveschauspiel mit den Bechern auf der Bühne war wieder ein Fest, irgendwie wartet man doch immer, dass ein Becher hinunterfällt und ich habe mehrfach überlegt, auf die Bühne zu springen und einen Becher aus der Luft wegzuschnappen. Hach das wäre ein Fest gewesen!  Wie immer ein tolles Programm von Fiddlers Green auf der Bühne. Ausgelassen jaulte das Rudel zum Abschied noch ein paar Mal, was wohl über den kompletten Platz bis hin zur Campsite zu hören war, wie uns später berichtet wurde. Kein Wunder, bei knapp 60 Wölfen! Es macht so glücklich, mit einer Family zu feiern und das Leben zu genießen und das auch noch draußen, an der frischen Luft in der Natur! Danke allen, für dieses wunderschöne Wochenende! Doch bevor es komplett zu Ende geht, lauschten wir dem rockigen Konzert von Schandmaul noch etwas.

Mittlerweile wurde es dunkler und zwischendurch regnete es auch kurz. Doch davon ließen wir uns nicht abhalten, denn letztendlich war Schandmaul die letzte Band, welche an diesem Abend auf der Schloßbühne zu hören war. Leider konnten die Erwartungen nicht ganz erfüllt werden, denn zwischen der rockigen und der akustischen Konzertversion vom anderen Tag war kaum ein Unterschied zu hören. Selbst die Setliste war sehr ähnlich. Wenn man jedoch davon absah, so war die Stimmung super. Als Abgang für das Festival Mediaval in Selb immer noch sehr nett. Doch viele Brüder und Schwestern verzogen sich bereits zurück zum Feuer, da es kalt wurde und viele Songs bereits schon beim Akustik Auftritt gespielt wurden. Was sehr schön anzusehen war, war die Tatsache, dass die Tochter auf der Bühne bei fast jedem Song mitsingen konnte. Zum Abschluss des Abends machte ich noch eine Runde hinter die Bühne, wo ich auf einige bekannte Bandmitglieder stoß, noch gemütliche Gespräche hatte, lachte und Kontakte austauschte, bis es dann hieß, byebye zu sagen. Mit einem lachendem und einem traurigen Auge rannte ich ausgelassen, springend und wirbelnd noch ein letztes Mal zwischen den Ständen umher, jaulte über den Platz, verabschiedete mich und genoss dann noch ein paar letzte Krauleinheiten im Lager am Lagerfeuer. Schnupperte die Gerüche, pflegte mein Fell und ließ die gesamte Situation auf mich einwirken. Diese Bilder und Eindrücke werde ich noch sehr lange in Erinnerung halten. Danke Wolfsrudel! Danke für eine wunderbare Zeit. Awooooooooooooo. Noch lange hallten die Wolfsrufe durch die Nacht und zeigten mir, dass ich hier ein neues Zuhause gefunden hatte! Auf bald, ich vermisse euch schon jetzt!

~ Dely

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